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Nicht jeder Tag ist gut

Mutter der schwerstbehinderten Ilayda verdankt ihr umgebautes Auto mehreren Stiftungen

Im fünften Schwangerschaftsmonat hat N. erfahren, dass ihr Kind behindert sein wird. Sie hat es trotzdem bekommen: „Ich habe es gespürt, wie hätte ich es töten können?“ Heute ist ihre Tochter 13 Jahre alt.

Mit der Geburt ihres ersten Kindes, das nicht reden, nicht laufen und nicht sprechen kann, begann für die damals 19-Jährige ein völlig neues Leben. Die 33-Jährige N., deren vollständiger Name der Redaktion bekannt ist, erinnert sich noch, wie klein und zerbrechlich ihre Tochter war, als sie geboren wurde. Sie durfte sie erst nach drei Monaten nach Hause nehmen. „Heute ist sie ein großes Mädchen“, sagt sie voller Mutterstolz. Ein Teenager, der aber nie so sein wird wie die anderen Kinder.

Ilayda leidet an einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung mit den Namen Rett-Syndrom, das auf einen Gendefekt zurückzuführen ist. Ursächlich ist wohl die enge verwandtschaftliche Beziehung ihrer Eltern. Ihre Mutter wurde mit 16 Jahren mit einem Verwandten ihres Vaters verheiratet. Das Rett-Syndrom kommt nur bei Mädchen vor, männliche Embryonen sterben im Mutterleib.

N. hat noch ein Kind bekommen. Ilaydas kleine Schwester ist elf Jahre alt und gesund. Vom Vater der Kinder lebt N. seit 2006 getrennt. 2009 hat er sich ins Ausland abgesetzt. Ihre jüngere Tochter leide unter der Trennung vom Vater, erzählt die 33-Jährige. Zu seinem behinderten Kind habe er nie eine Beziehung aufgebaut, sagt sie. So liegt die Last der Erziehung seit Jahren alleine auf ihren Schultern. Trotzdem kommen keine Worte des Klagens über ihre Lippen. N. ist eine starke Frau, die auch als alleinerziehende Mutter eines schwerstbehinderten Kindes ihr Leben meistert.

Sie hat keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie und musste Enttäuschung hinnehmen. „Ich habe zu vielen Leuten den Kontakt abgebrochen“, sagt sie. Wirkliche Freunde sind nur wenige geblieben. Ein wenig trotzig klingt es, als sie sagt: „Was andere sagen, interessiert mich nicht.“ Natürlich seien nicht alle Tage gut. „Aber das ist unsere Leben“, sagt sie lächelnd. Einzig um ihre jüngere Tochter macht sie sich manchmal Sorgen. „Weil Ilayda die Hauptrolle einnimmt und die Kleine immer zurückstecken muss.“

Der Alltag der kleinen Familie ist klar gegliedert. Unter der Woche ist Ilayda an drei Tagen von 7.40 bis 16.20 Uhr in einer Behindertenschule. Mittwochs und freitags ist sie schon um 14 Uhr wieder daheim. Ihre Mutter hat sie noch nie weggeben – die Betreuungszeiten in der Schule und Krankenhausaufenthalte ausgenommen. Die zweifache Mama ist Tag und Nacht für ihre Kinder da.

Ilayda wiegt jetzt 47 Kilos. Für ihre Mutter wird es immer schwieriger, sie in und aus dem Rollstuhl zu heben oder zu tragen. Sie ist oft krank und leidet unter epileptischen Anfällen. N. kommt oft an ihre Grenzen, hat aber noch keine Sekunde darüber nachgedacht, ihr behindertes Kind wegzugeben. „Das kommt nicht in Frage“, sagt sie mit fester Stimme.

Der Drei-Mädchen-Haushalt funktioniert gut. Die Alleinerziehende, die nicht arbeiten kann und von ihrem Exmann keinen Unterhalt erhält, wird vom Staat unterstützt. Die Zuwendungen und das Pflegegeld für Ilayda ermöglichen der kleinen Familie ein bescheidenes Leben. Und trotzdem gibt es noch Wünsche, die sie sich ohne fremde Hilfe nicht erfüllen könnte. Hier nun kommt die Nina-Leopold-Stiftung ins Spiel.

Die Sozialhilfeempfängerin wird von der Diakonischen Bezirksstelle betreut. Nachdem ihr kleines Auto im Dezember 2013 stehengeblieben ist, wandte sie sich an deren Mitarbeiterin Margit Reinhardt. Zuvor hatte sich die Hoffnung zerschlagen, dass ihr Auto repariert werden kann.

Margit Reinhardt hat sofort gehandelt und mit Engelsgeduld Stapel von Anträgen ausgefüllt. So vergingen Monate, bis N.s größter Wunsch in Erfüllung ging: ein behindertengerecht ausgebautes Auto. Acht Stiftungen haben den Kauf des 20 000 Euro teuren Caddys finanziert. Die Nina-Leopold-Stiftung trägt mit 4000 Euro einen Löwenanteil. „Michael Leopold hat sofort zugesagt, als ich ihn um Hilfe bat“, erzählt Reinhardt. Ebenfalls größere Summen haben die Stiftungen Franz Beckenbauer, Bild hilft und Familie in Not gespendet. Am 14. August wurde der Caddy geliefert. Das war ein Festtag für die kleine Familie. N. strahlt übers ganze Gesicht: „Das Auto bedeutet für mich und meine Kinder ein kleines Stück Freiheit.“

Quelle: ZOLLERN-ALB-KURIER geschrieben von Rosalinde Conzelmann, 13.12.2014